Predigt vom Sonntag, 24.06.2018

Kanzelgruß

Gnade sei mit euch
und Friede von Gott,
unserm Vater,
und dem Herrn Jesus Christus
Amen.
Wir wollen in der Stille um den Segen der Predigt bitten.
-
Gott segne unser Reden und Hören.

Predigttext

Der Predigttext für den heutigen Sonntag steht geschrieben im 1. Brief des Petrus im 3. Kapitel (1. Petrus 3.8-15a-[15b-17]):

Seid allesamt gleich gesinnt, mitleidig, brüderlich, barmherzig, demütig. Vergeltet nicht Böses mit Bösem oder Scheltwort mit Scheltwort, sondern segnet vielmehr, weil ihr dazu berufen seid, auf dass ihr Segen erbt. Denn „wer das Leben lieben und gute Tage sehen will, der hüte seine Zunge, dass sie nichts Böses rede, und seine Lippen, dass sie nicht betrügen. Er wende sich ab vom Bösen und tue Gutes; er suche Frieden und jage ihm nach. Denn die Augen des Herrn sehen auf die Gerechten, und seine Ohren hören auf ihr Gebet; das Angesicht des Herrn aber sieht auf die, die Böses tun“ (Psalm 34,13-17).

Und wer ist's, der euch schaden könnte, wenn ihr dem Guten nacheifert? Und wenn ihr auch leidet um der Gerechtigkeit willen, so seid ihr doch selig. Fürchtet euch nicht vor ihrem Drohen und erschreckt nicht; heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen. Seid allezeit bereit zur Verantwortung vor jedermann, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die in euch ist, und das mit Sanftmut und Ehrfurcht, und habt ein gutes Gewissen, damit die, die euch verleumden, zuschanden werden, wenn sie euren guten Wandel in Christus schmähen. Denn es ist besser, wenn es Gottes Wille ist, dass ihr um guter Taten willen leidet als um böser Taten willen.

Predigt

Liebe Gemeinde,

wir haben Post! Ein Brief, im Umschlag, blaue Tinte auf feinem Papier mit sauberer Handschrift; mühevoll und sorgfältig und mit viel Zeit und mit Herz und mit viel Nachdenken und Suchen nach den rechten Worten. Wie ganz anders ist das heute, wo man mit knappen Worten eine E-Mail auf der Computertastatur tippt und – schwupp – ploppt die Nachricht einen Sekundenbruchteil beim Empfänger auf.

Wir haben Post! Ein richtiger Brief mit vielen Seiten, nicht nur eine WhatsApp oder SMS auf dem Handy mit fünf Wörtern oder drei Zeilen und einem Smiley.

Wir haben Post! Ein Brief, der einen Weg zurückgelegt hat, echte Kilometer – und der Zeit gebraucht hat, um zu uns zu kommen. Und vielleicht geht es Ihnen wir mir – es ist lange her, dass ich einen Brief bekommen habe und wahrscheinlich ist es noch länger her, dass ich selbst einen geschrieben und verschickt habe. Dabei finde ich, dass Briefe etwas Wunderbares sind!

Ein paar Briefe aus meiner Vergangenheit habe ich aufbewahrt. Die meisten stammen aus meiner Studentenzeit – damals gab es tatsächlich noch kein Handy und auch kein Internet. Ab und zu hat mir auch meine Großmutter geschrieben und in den oft langen Briefen erzählte sie ein wenig von Zuhause, erwähnte natürlich auch, dass es ihr gut geht, gab mir ein paar großmütterliche Ratschläge und die Empfehlung, dass ich auf mich aufpassen und fleißig lernen soll. Für das Geld, das auch im Umschlag steckte, sollte ich mir etwas Schönes kaufen. Und ganz am Ende schrieb sie immer: „Mein lieber Junge, sei brav! Deine Oma.“

Ob ich immer brav war, weiß ich nicht – im Großen und Ganzen hoffe ich doch. Irgendwie habe ich es auch immer erahnt, was mit dem „sei brav“ gemeint ist. Aber was das genau ist, das „Brav-Sein“, zumindest das „Brav-Sein“, das über das kindliche, von den Erwachsenen erwartete „Brav-Sein“ hinausgeht; was das „Brav-Sein“ ist, das hat mich erst das Studium und das Leben gelehrt. Und ich lerne es immer noch.

Der Brief oder besser der Briefausschnitt, den wir heute lesen, dreht sich in gewisser Weise um dieses erwachsene Brav-Sein. „Seid brav“, schreibt Petrus, und das tut er nicht nur am Ende seines Briefes, nein, er tut es fortwährend und sehr ausführlich. Er erläutert sehr genau, was von uns, der christlichen Gemeinde, und jedem einzelnen Christen, jeder einzelnen Christin erwartet wird. Es geht Petrus darum, dass wir uns so verhalten, wie Gott es von uns erwartet.
Unser Predigttext ist gleichsam eine erste Zusammenfassung, in der Petrus auch ein längeres Psalmwort zitiert. Seine Erläuterungen sind so verdichtet, dass jedes einzelne Wort mit Bedacht zu lesen ist. Jeder einzelne Satz ist ein weiser Rat, eine dringende Empfehlung und eine deutliche Aufforderung. Und je nachdem, wo wir stehen und wer wir sind, wird uns der eine oder andere Satz intensiver berühren und die eine oder andere Mahnung stärker treffen. Je nach dem, werden wir uns das eine oder andere Wort zu Herzen nehmen.

Kann man es nun aber doch auf einen Punkt bringen, was einen „braven Christenmenschen“ ausmacht? Zunächst einmal – so beginnt Petrus – geht es um die Gesinnung, um die innere Haltung, um das, was uns antreibt, die Richtung unseres Willens und das Zentrum unseres Denkens. „Seid allesamt gleich gesinnt, mitleidig, brüderlich, barmherzig, demütig“, schreibt er. Die Grundhaltung, die Gesinnung eines Christen ist – zusammengefasst – Liebe; Liebe zum Mitmenschen, Liebe zu sich selbst und Liebe zu Gott. Und diese Liebe führt zum rechten Reden und zum rechten Tun.
Denken, Reden, Handeln – diese drei gehören zusammen und sollen von der Liebe getragen sein. Das macht zum einen ein gutes Gewissen; zum anderen lässt es – so Petrus – den Segen erben, das heißt, es gibt Kraft und Stärke; und schließlich macht es furchtlos, mutig und selbstsicher.

Aber, lieber Gemeinde! Petrus ist kein wirklichkeitsfremder Moralapostel. Er weiß sehr genau, dass diese göttlichen Anforderungen nicht einfach sind. Zweimal spricht er in den wenigen Zeilen vom Leiden der Christen. Unser Denken, Reden und Handeln, ja unser ganzes Leben auf die Liebe hin auszurichten, das ist nicht immer einfach. Es ist eine Herausforderung. Zum einen müssen wir immer wieder an unserer Gesinnung arbeiten. Denn mit der Liebe ist es wie mit dem Glauben und der Hoffnung. Selbst wenn wir sie in uns fühlen, selbst wenn sie uns ergriffen hat, immer wieder will etwas anderes nach uns greifen: Hass, Neid, Eifersucht, Ichsucht. Dann heißt es, dagegen anzugehen, sich Gott zuzuwenden, auf Christus zu sehen und dem Bösen zu widerstehen. Zum anderen – und auch das begegnet uns: Eine gutherzige Gesinnung kommt nicht immer gut an. Wie oft werden wir zurückgewiesen! Wie oft begegnen uns Unverständnis, Misstrauen und Missgunst! Wie oft stoßen wir gegen die Mauern der Bosheit! Das Rezept des Petrus in solchen Situationen lautet: „Fürchtet euch nicht ...; heiligt aber den Herrn Christus in euren Herzen.“ Verhärtet euch nicht, verbittert nicht, sondern lasst euch von der Liebe Christi berühren. Ihr seid und ihr bleibt geliebt.

Liebe Gemeinde! „Seid brav, ihr Christen!“, schreibt uns der Apostel, „seid brave Menschen, die dem Willen Gottes folgen!“. Und er zeigt uns, was wir tun sollen, um als brave Christenmenschen zu gelten. Nahezu der ganze Brief ist eine Ermahnung und Erinnerung, wie christliches Leben aussehen sollte und auf welche Verheißung wir uns berufen dürfen.
Ja, es ist nicht immer leicht, ein Christ zu sein. Petrus und die Gemeinden konnten – im wahrsten Sinne des Wortes – ein Lied davon singen. Und – ja! Christsein ist kein Etikett, das man sich auf die Stirn oder die Brust oder an die Wand heftet. Christsein ist ein Anspruch, eine Haltung, ein Denken, Reden und Tun, an dem wir erkannt werden sollen. So ist das Christsein auch harte Arbeit, an sich selbst und an dieser Welt – denn beides, unser ich und unser Umfeld stellen sich uns immer wieder entgegen und fordern uns. Christsein ist ein Dauerzustand mit allen Höhen und Tiefen, allem Zweifel und allem Glauben, aller Entsagung und Hoffnung, aller Annahme und Zurückweisung, allem Schmerz und aber auch aller Freude.

Ja, und auch das gilt: Nicht Anspruch, Mahnung und Aufforderung machen letztendlich einen Christen aus. Sondern die Zusage, dass wir geliebt, gewollt und gehalten sind; dass wir Kinder des himmlischen Vaters sind. So ist die eigentliche und erste Haltung, die Grundhaltung eines Christen, die Freude am Leben und an Gottes Schöpfung. Daran müssen wir nicht arbeiten, die brauchen wir nur zu ergreifen, denn sie ist uns geschenkt.

Und so endet auch der erste Petrusbrief, wo es heißt:
„Der Gott aller Gnade aber, der euch berufen hat zu seiner ewigen Herrlichkeit in Christus, der wird euch ... aufrichten, stärken, kräftigen, gründen. Ihm sei die Macht in alle Ewigkeit!“

Amen.

Kanzelsegen

Der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft,
bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Pfr. Matthias Weigart

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