Paramente aus Neuendettelsau schmücken Kirchen

Neuer Schmuck für die Lukaskirche

Mitte 2016 klingelt in der Wilhelm-Löhe-Str. 14 das Telefon. Hier, im Chorraum des ehemaligen Betsaals der Diakonissenanstalt, ist seit 1917 die Paramentenwerkstatt der Diakonie Neuendettelsau beheimatet, die nach Worten des Gründers Wilhelm Löhe seit 1858 den „Schmuck der heiligen Orte“ herstellt.

Am anderen Ende der Leitung: die evangelische Lukasgemeinde Rottmannsdorf bei Zwickau. Paramente sind Einzelstücke, explizit für einen bestimmten Ort und seine Besonderheiten erdacht und gefertigt. So etwas bestellt man nicht einfach am Telefon, schon gleich gar nicht im Internet – das ist dem Anrufer klar. Deswegen bittet er um einen Termin, um gemeinsam mit den Profis aus Neuendettelsau herauszufinden, wie der neue Kirchenschmuck der Lukaskirche aussehen soll.

Von Räumen und Farben


Stoffexperimente in der Lukaskirche: Wo könnte wie das neue Parament hängen?

Im Oktober 2016 macht sich Beate Baberske, Diplomdesignerin und künstlerische Leitung der Paramentik Neuendettelsau, auf den Weg. Im Gepäck: Stoffmuster, Arbeitsproben, ein Farbfächer und die Kamera. Welche Orte sollen in der Kirche geschmückt werden? Welche Farben stehen im Mittelpunkt? Sollen die Paramente das ganze Jahr oder nur zu bestimmten Anlässen verwendet werden? Sie verteilt fachkundig Stoffmuster und Arbeitsproben im Raum, lässt diese auf sich wirken und macht den drei Gemeindevorstehern Vorschläge.


Entwurf: So sollen die neuen Paramente einmal aussehen.

Schnell wird klar: Altar, Lesepult und Kanzel sollen im neuen Stoffschmuck erstrahlen und zwar das ganze Jahr über. Farblicher Mittelpunkt wird das Altarparament: Hier strahlt das volle Leben und alle Farben des Kirchenjahrs sollen spürbar werden. Die beiden anderen Paramente sollen sich in den Raum einfügen und die Farben des Altars aufnehmen. Sie werden weiß, die Summe aller Farben und Symbol der Auferstehung Christi. Als nächstes stellt sich die Frage nach den Proportionen der Textilien. Verdecken sie dominant das Lesepult oder die Kanzel? Oder spielen sie mit Ihrem Träger? Wieder experimentiert Beate Baberske mit Mustern und weißen Stoffstreifen, bis die Wunschmaße gefunden sind und sich alle zufrieden im Gemeindezentrum bei einer Tasse Tee aufwärmen und noch Details zur Befestigung und Pflege besprechen.

Aus Farben und Formen gemeinsam ein einmaliges passgenaues Kunstwerk schaffen


Entwurfsskizze und Vorlage für das Weben

Jetzt beginnt die eigentliche Arbeit. Denn das wichtigste fehlt noch: die Gestaltung. Der historische Kontext verlangt eine zurückhaltende Form, die nicht zu viel Eigensprache entwickelt. Ein Wunsch, dem die Technik der Flachweberei mit eingewebten Flächen aus Fremdmaterial, das die Künstlerin in ihrem Studium in Schneeberg selbst entwickelt hat, bestens erfüllt. Hier schließt sich der Kreis und eine Verbindung zwischen den Menschen im Erzgebirge und der Künstlerin wird sichtbar: Die Technik, die den Altar schmücken wird, ist keine 20 Kilometer von Rottmannsdorf entstanden. Der Funke springt über, in einem gemeinsamen Kreativitätsprozess entsteht der Plan für das Kunstwerk. U.a. beteiligt sich die Tochter eines Gemeindemitglieds, die Künstlerin Sarbina Groh alias Sabrina Vivian Bello, deren Grafiken und feine Zeichnungen immer Textilelemente, wie z. B. Spitzen, enthalten, mit einer Aquarellzeichnung an der Entstehung des Altarparaments. Eingearbeitet werden quadratische Edelstahl- und Stoffflächen, eine Form, die sich vielfältig im Kirchenraum wiederfindet. Sie erzeugen je nach Lichteinfall und Sitzplatz immer wieder ein anderes Erscheinungsbild, laden den Besucher bei jedem Besuch erneut zum Entdecken, Nachdenken und Neuinterpretieren ein.


Lesepult-Parament

Das Kirchenjahr wird zum Mosaik des Lebens: Die glänzenden Flächen bilden einen Kelch, der vor einer Landschaft steht. Diese beginnt unten mit Schattierungen aus Grün über Violett und bildet dann einen Lichthorizont. Dieser schließt oben mit einer goldgelben Horizontlinie ab, die das göttliche Licht andeutet und sich von dem violettblaugrünen Himmel abhebt. Eine zentrale, senkrechte goldgelbe Linie verbindet sich mit dem gleichfarbigen waagrechten Horizont zu einem Auferstehungskreuz. Eher dezente, mit Erdtönen akzentuierte Paramente an Ambo und Lesepult sollen die farbenfrohe Altargestaltung ergänzen. Angedeutet wird eine Ähre. Hindurch ziehen sich schwarz Fäden, die sich wie Markierungen durch die Gestaltung zieht – das Leben besteht nicht nur aus Licht und Glanz.

Paramente brauchen ihre Zeit

Die Nähe zum Entstehungsort ihrer Technik und die kreative Begeisterungsfähigkeit des Auftragsgebers machen den Auftrag zu etwas Besonderen für die Künstlerin. Sie verrät, dass die Umsetzung immer wieder wartet, bis sie sich gut darauf einlassen kann, die Ruhe hat, alle Farben richtig zu wählen. Dabei holt sie sich immer wieder den Kirchenraum ins Gedächtnis zurück, um den Farbton zu treffen, der auch im Raum eine Rolle spielt.

November 2017: Der Webstuhl wartet darauf, das Altarparament entstehen zu lassen. 50 Schachteln mit Quadraten stehen bereit, verwebt zu werden, die Farbfolge der Schußfäden ist schon notiert, Spulen gewickelt. „Nur die Ruhe fehlt“, meint Beate Baberske. „Der Advent naht, die Zeit der Besinnung und Vorbereitung könnte die richtige Stimmung bieten, um so ein besonderes Projekt zu beenden. Und dann werden die Textilien endlich an ihren Bestimmungsort geschickt, damit sie ihre Wirkung vor Ort entfalten.“


Weitere Informationen über die Paramentik der Diakonie Neuendettelsau finden Sie unter:

http://www.paramentenwerkstatt.de/

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