Predigt zum Pfingstmontag 2018

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und – jetzt kommts, die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen
Amen

Liebe Gemeinde

I. – unglaubliche Leistungen des menschlichen Geistes

Ich kann mich gut daran erinnern, dass mein Vater, als ich noch so unter 10 war bisweilen zum Uhrmachermeister Merkert, schräg gegenüber von unserem Haus, ging und nach alten kaputten Weckern fragte. Er brachte sie mit und ich hatte mit Feuer die Dinger auseinandergebaut, gestaunt, mit welcher Präzision die Rädchen ineinander griffen, habe sie sauber gemacht, etwas geölt, und manchmal haben die tatsächlich wieder angefangen zu ticken. Andere haben wir etwas frisiert, Teile ausgebaut und dann als Antrieb für selbstgebastelte Autos verwendet. Ich habe damals spielend gelernt, begriffen, angewendet und wie gesagt gestaunt, was Menschen erfinden können.

Ich habe als Kind und Jugendlicher viel gestaunt, auch über unser Haus – es war für mich immer das Schönste, später über den Kölner Dom, die Residenz in Ansbach, die Orangerie und nicht zuletzt über den Burj Khaliva (gespr. Burdsch Chalifa)– nie gehört? Es ist mit 828 m. das höchste jemals von Menschen gebaute Gebäude und steht in Dubai. Ein weiterer Rekord im schneller-, größer-, weiter-, höher-Geist der Menschheit.

Später staunte ich wie ein Alexander der Große sich von Ägypten bis Indien Länder unterwarf, ein riesiges Reich schuf – und er wurde gerade einmal 33 Jahre alt – in dem Alter lebte ich in Tarabo und arbeitete als Missionar. Die Perser waren groß geworden, später die Griechen, dann die Römer, deren Reich Europa für immer veränderte. Gewaltige Heere, gewaltige Schlachten und gewaltige Errungenschaften und gewaltig viel Krieg, Leid, Verheerung, Zerstörung und Wiederaufbau – und ich staune zu was der menschliche Geist in der Lage ist. Damals nicht weniger als heute. Die Handys, die wir heute in der Hosentasche tragen sind zehntausende Mal leistungsfähiger als der Rechner, der die ballistischen Bahnen für die Saturn-Missionen zum Mond errechnete. Und ich höre, sehe und staune, was der menschliche Geist zu leisten im Stande ist. Und ich erkenne darin auch ein Stück weit die Ebenbildlichkeit Gottes, die Gott in Dich und mich gelegt hat: Schöpferisch tätig zu sein – und der Geist ist unermüdlich.

Wird es schon Pfingsten bei Ihnen? Wahrscheinlich nicht. Noch sind wir, wie an Ostern die Frauen zum Grab, unterwegs um zu sehen, zu hören und zu staunen. Doch bevor es Pfingsten wird noch ein Zwischenschritt.

II. Jesu völlig neuer Ansatz – seine Saat für das Reich Gottes

In die Zeit der Römer hinein – als die bekannte Welt durch Straßen und Wasserwege bereits erstaunlich gut erschlossen und bestens bereisbar war, wird in der jüdischen Provinz ein Kind geboren. Jesus wächst heran und hinein in eine sich schnell verändernde und damals wirklich brutale Welt. Die Unterdrückung durch die Römer, die Ausbeutung durch Herodes und das harte Leben der nicht privilegierten hatte er vor sich. Jesus beschreibt seinen Status so:

„Die Füchse haben ihren Bau und die Vögel haben ihre Nester, aber der Menschensohn hat keinen Platz, wo er sich ausruhen kann" Math 8, 20

So überhaupt nichts für ein Selfie, nichts zum Zeigen oder Prahlen, aber unterwegs mit einer Mission im Herzen, die das Angesicht dieser Erde verändert hat. Es scheint, als lege Jesu allen überflüssigen Ballast ab und wird eins mit seiner Mission.

Jesus hatte sicher von den damals schon 2500 Jahre alten Pyramiden gehört, seine Eltern waren mit ihm ja in Ägypten gewesen. Die Geschichten über Alexander den Großen wurden allenthalben erzählt. Die Herrschaft der Römer hat er am eigenen Leib erfahren. Und gegen alles Große, alles Mächtige und Aufmerksamkeit Heischende beginnt er seine Mission…

Er fängt an die Geschichte Gottes mit den Menschen neu zu erzählen. Zuvor lässt er sich taufen. Zuvor kommt der Heilige Geist wie eine Taufe auf ihn herab. Zuvor lässt er alles hinter sich, Beruf, Familie und alles was ihn bindet, um so mit dreißig die Welt zu verändern. Nicht nur von Ägypten bis Indien, wie Alexander der Große, sondern von Israel bis Israel – einmal rund um den Globus.

Was warf er dafür in die Waagschale? Konzepte? Heere? Sklaven? Freie? Sein Vermögen? Das Vermögen seines Volkes und seiner Feinde? Nichts davon. Es war sein Leben, es war seine Liebe, es war sein Herz und der unbedingte Wunsch, den Fluch Adams in Segen zu verwandeln: mit welchen Mitteln ging er das an? Das lässt sich mit unserem Wochenspruch sagen:

Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der Herr Zebaoth. Sacharja 4, 6.

Das ist fast schon Pfingsten. Jesus hatte versprochen, dass er den Paraklet, den Geist, den Anwalt, den, der für uns eintritt schicken wird – und das Fest begann, damals vor 2000 Jahren in Jerusalem. Und ich staune zu welcher Herkulesaufgabe der Geist Gottes ansetzt.

III. in der Kraft des Geistes -

Bevor ich jetzt jedoch zum Heiligen Geist komme, muss ich noch einmal kurz zurück zu Jesus. Mich beeindruckt, wie unbeeindruckt Jesus von den Errungenschaften seiner Zeit ist, wie er vor dem gewaltigen Tempel stehen kann, seine Jünger staunen – und er schaut in die Zukunft und sagt: nicht ein Stein wird auf dem anderen bleiben. 70 nach Christus hatten die Römer den Tempel völlig zerstört und den Juden verboten, Jerusalem zu betreten.

Um die Welt zu verändern, um Gottes Geschichte neu zu erzählen legte Jesus nicht seine Hände an Werkzeuge oder Waffen – sondern er trägt die Melodie der Liebe Gottes hinein in die Seelen der Menschen. Er predigt – und keiner muss gezwungen werden zu kommen, die die kommen, wollen kommen, wollen hören, wollen satt, gesund und heil werden und sie werden es.

Sie erleben in Jesus nicht bloße Worte, sondern den Geist Gottes, der sie völlig umfängt und völlig verändert. Sie hören die Bergpredigt und kratzen sich am Hinterkopf als Jesus die selig preist, die nicht zurückschlagen, wenn sie geschlagen werden, sondern die die andere Wange hinhalten. Sie wundern sich als Jesus die selig preist, die sich lieber übervorteilen lassen, als dass sie Streit nähren. Sie wundern sich, dass die Trauernden und die Minderbemittelten selig geheißen werden. Sie wundern sich und bleiben, weil das, was sie hören, so völlig gegen das steht, was ihnen der Geist ihrer Zeit eintrichtert.

Und sie spüren – wie Zachäus, wie die Frau mit dem Salböl, wie die syro-phönizische Frau und der Vater des Besessenen Jungen – dass Jesus in einem anderen Geist unterwegs ist, als alle, die sie bis dahin kannten. Und sie staunen, hören und bleiben. Und sie werden gesund an Seele und Leib – immer zuerst an der Seele und dann am Leib, die Kranken werden gesund und die, die sie bringen auch. Und der Geist Gottes ergreift sie und das, obwohl noch gar nicht Pfingsten war.

Und Jesus ging – das haben wir an Himmelfahrt gefeiert und der Geist kam – und das feiern wir heute. Und der Geist entgrenzt völlig, was Jesus damals in Israel begann und die Saat geht auf und wächst und umspielt diese Welt: nicht durch Heer oder Kraft, sondern durchdrungen vom Geist Gottes.

Und die Jünger machen sich auf und gehen und tragen diese Botschaft hinaus und immer weiter und zu denen, die keine Hoffnung haben. So kommt auch Paulus nach Korinth, gründet in dieser unglaublich quirligen Stadt am Isthmus – eine Gemeinde, die höchst bunt zusammengewürfelt war. Es menschelte so richtig dort, so wie auch bei uns, und Paulus schreibt einige Briefe, um die Männer und Frauen zu erinnern, wes Geistes Kinder sie sind.

1. Kor 2, 12 Wir aber haben d[ies]en Geist erhalten [– den Geist], der von Gott kommt, nicht den Geist der Welt. Darum können wir auch erkennen, was Gott uns in seiner Gnade alles geschenkt hat.

14 Ein Mensch, der Gottes Geist nicht hat, lehnt ab, was von Gottes Geist kommt; er hält es für Unsinn und ist nicht in der Lage, es zu verstehen, weil ihm ohne den Geist Gottes das nötige Urteilsvermögen fehlt.

16 Wir jedoch haben den Geist Christi bekommen, sodass uns seine Gedanken nicht verborgen sind.

Jesus und seine Jünger waren nicht in eine geistlose Zeit hineingeboren worden, aber in eine Zeit, die vom Geist dieser Welt völlig durchdrungen war. Für den Geist dieser Welt ist das Evangelium völliger Schwachsinn. Dem Geist dieser Welt fehlt das richtige Werkzeug, zu durchdringen, was Jesus für diese Welt getan hat. Dafür, so Paulus, hat Gott uns seinen Geist nicht nur verheißen, sondern geschenkt, damit er uns lehrt, was Gott uns in seiner Gnade geschenkt hat. Jesus akzeptiert nicht den Geist und die Gewalt dieser Zeit. Er akzeptiert nicht, dass Menschen sich über Menschen erheben, sie unterdrücken, sie ausbeuten und über Leichen gehen. Diesem Geist, stellt er den Geist Gottes gegenüber, wenn er sagt:

Ihr wisst, dass die Herrscher ihre Völker niederhalten und die Mächtigen ihnen Gewalt antun. 26 So soll es nicht sein unter euch; sondern wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener; 27 und wer unter euch der Erste sein will, der sei euer Knecht

Und dann sehe ich Männer wie Mahatma Gandhi und Martin Luther King, Frauen wie Mutter Theresa oder Sabine Ball, die vom Frieden und der Gewaltlosigkeit durchdrungen, im Geist Jesu, Leben veränderten, Länder veränderten, bewusst oder unbewusst das Reich Gottes hinaustrugen. Menschen, die mit einem neuen Geist die Zeichen der Zeit deuteten und Veränderung herbeiführten. Ich lese Worte wie:

Es ist meine feste Überzeugung, daß das heutige Europa nicht den Geist Gottes oder des Christentums verwirklicht, sondern den Geist Satans. Und Satan hat den größten Erfolg, wo er mit dem Namen Gottes auf den Lippen erscheint. Europa ist heute nur dem Namen nach christlich. In Wirklichkeit betet es den Mammon an. »Es ist leichter, daß ein Kamel durch ein Nadelöhr gehe, denn daß ein Reicher ins Reich Gottes komme.« Das sind in Wirklichkeit die Worte Jesu Christi...

Nicht Papst Franziskus – von dem hätte ich es erwartet, sondern Mahatma Gandhi analysierte so vor mehr als siebzig Jahren die Situation Europas. Und ich bin erstaunt, wie genau er als Hindu das Neue Testament kennt. Und lässt sich anrühren von Jesu Botschaft und handelt. Und es gelingt ihm ohne Heer oder Kraft das Antlitz Indiens zu verändern. Und ich sehe Martin Luther King, der ebenfalls angesteckt vom Geist der Gewaltlosigkeit, dem Geist der Liebe Gottes, seine Ziele so vehement verfolgt, dass eintritt, was Gandhi über den gewaltlosen Kampf sagt:

Zuerst ignorieren sie dich, dann lachen sie über dich, dann bekämpfen sie dich und dann gewinnst du.

Und Martin Luther King hat mit seiner Bewegung das Angesicht Amerikas, ja auch der Welt verändert. Ohne Heer oder Kraft. Unterwegs im Geist Gottes. Mit ihnen Millionen von Männern und Frauen, die offen wurden für Gottes Geist. Menschen, die wie Gottes Geist in Jerusalem nicht nur die Grenzen der Sprachen, sondern auch die Grenzen der Kulturen, die Beschränktheit des Geistes dieser Welt überwanden, damit Menschen Gott neu kennen lernen und das Leben gedeihen kann. Ohne Opfer rechts und links der Straße des Erfolgs oder des Wachstums und eines ungezügelten Kapitalismus. Männer und Frauen, die die Freiheit Gottes geschmeckt haben und erlebt haben was Paulus in 2Kor 3,17 schreibt: Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Christinnen und Christen, die nicht mehr andere ausschließen müssen, damit es ihnen gut geht, sondern wie Gottes Geist damals und dort alle einschloss, ohne Furcht und mit Gottvertrauen. Christen, die sich den Herausforderungen – auch einer Flüchtlingskrise stellen. Sich ihr auch stellen können, weil sie Gott im Regiment wissen, den Gott, der Dir und mir ins Stammbuch schrieb:

2Tim 1,7 Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.

In diesem Sinne oder Geist dürfen wir unterwegs sein und in diesem Sinne wünsche ich ein gesegnetes Pfingstfest. Amen

Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle eure Vernunft, bewahre Eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

Amen

Pfr. Heinrich Stahl, St. Laurentius, Neuendettelsau

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